Eine unverfälschte Dampfmaschinengeschichte, “Die Atmosphärische Dampfmaschine“.

 

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Die zur Verfügung stehende Zeit während meiner Pensionierung und eine grosse Sammlung technischer Bücher, welche sich bei mir im Studierzimmer, Keller und Estrich befindet, neben einem sehr guten Erinnerungsvermögen für schon vor langer Zeit Gelesenes helfen mir recht gut, das in den damaligen Zeiträumen passierte Treiben und Handeln möglichst genau darzu­stellen. Selbstverständlich nur mit der für mich unumgänglichen Hilfe der kreativen Compu­terdarstellung von Thomas Tochtermann für die Bildgestaltung.

Für eine genauere Geschichtsdeutung scheint es mir dringend nötig, die bis jetzt fehlerhafte Dampfmaschinengeschichte endlich zu berichtigen.

Vom Jahre 1600 an war die Zeit gekommen wo sich tüchtige Kleinhandwerker mehrfach eigene Existenzen aufbauen konnten. Neben den nötigen Lebensmittelbetrieben waren weitere Kleinbetriebe entstanden, Seilereien, Gerbereien, Kupferschmiede, Eisenschmiede, Zimmereien, Wagnereien, Uhrmacher, Glockengiesser, Glaser, Mechaniker, Instrumentenbauer, Brauereien, u.s.w.

Einige Kleinhandwerker entwickelten sich auf ihren Fachgebieten zu erstaunlichen Berufsspezialisten.

Um die Erstlingsrechte von Neuschaffungen voll ausnützen zu können, wurde von diesen Spezialisten oft auch Patente erworben.

Patentrechtlich gesehen, war England damals schon das führende Land.

Weil in dieser frühen Zeit noch keine Maschinen für nötige Arbeiten zur Verfügung standen, ausser Windrädern, Wasserrädern und Göpel-Treträder, für Pferde und Menschenkräfte, sollten wir uns aber auch ein Bild über die damalige menschliche Einstellung machen können. ( Heute finden wir solche Göpelräder nur in Mäusekäfigen und auch bei den Pferdeställen.)

Im grossen Buch von Conrad Matschoss von 1908 wird die Kraftmaschine vor der Einführung der Dampfmaschine beschrieben. Bei einem Vergleich der Arbeitsleistung während SECHS Stunden, zwischen Menschen und Pferd, auf einem Göpel, wurden 12 Männer mit je 65 kg Eigengewicht verglichen: 1 Pferd gegen 12 Männer kamen etwa auf gleichwertige Arbeitsleistung.

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Ein deutscher Geschichtsschreiber aus dieser frühen Zeit, namens Treitschke, nannte die Einführung der Sklaverei; „ Eine rettende Tat der Kultur, denn erst durch die Sklaverei wurde der Mensch zu dauernder Arbeitsleistung erzogen “.

Auch in Frankreich wurden in Frauengefängnissen weibliche Kräfte an Treträdern unglaublich ausgenützt. Es wurde damals die Meinung verbreitet, dass sogar Mütter mit ihren Säuglingen ohne Schaden für ihre Gesundheit, auf Treträdern gut arbeiten könnten Tretmühlen hätten gerade für die moralische Erziehung grosse Vorteile.

Nicht nur Kriege, auch die Dampfmaschine hat im Laufe der Zeit etwas dazu beigetragen, dass das Moralniveau gegenüber Menschen und Tieren um Weniges verbessert wurde.

Jeder Mensch kannte die Sprengkraft des Schiesspulvers. Aus dieser Erwägung glaubten auch die meisten Wissenschafter und Konstrukteure natürlich, dass man grössere Maschinenleistungen nur mit Pulver oder ähnlichen Explosionskräften erzeugen könnte. Solche Überlegungen waren leider verfrüht, obwohl sie heute noch zutreffend sind.

Der Einstieg zum Explosionsmotor ( Verbrennungsmotor) war in den Jahren gegen 1700 ganz einfach unmöglich, beim Stande damaliger Technik und den zu verarbeitenden Materialien.

Ein französischer Spezialist mit ausserordentlicher Begabung Samuel Morland leitete ein Wasserwerk am Hofe Ludwigs XIV. Er verfasste eine kleine Schrift in französischer Sprache aus welcher ich, aus einer Übersetzung ins Deutsche, für Interessierte die wichtigste Passage abgeschrieben habe.

Nach meiner Meinung könnte das damals Geschriebene für jene Zeit sehr zutreffend sein.

„Das durch die Kraft des Feuers verdampfte Wasser nimmt sogleich einen etwa  2000 mal grösseren Raum ein als vorher und ist zu gewaltsam um sich einsperren zu lassen. Es würde eher eine Kanone sprengen. Aber nach den Gesetzen der Statik regiert und von der Wissenschaft, dem Mass Druck und Gleichgewicht unterworfen, wird der Dampf seine Last tragen, mit guten Pferden vergleichbar. So wird er den Menschen von grossem Nutzen sein, besonders beim Wasser Heben“.

Der obige Bericht erklärt eindeutig, dass auch die Dampfdruckkräfte in diesen frühen Zeiten noch viel zu stark waren.

Doch es hatte noch eine offene, zu findende Möglichkeit gegeben:

Nur mit dem atmosphärischen Luftdruck als Arbeitsleistung genutzt, erzeugt über eine Dampfkondensation, also nur mit dem Auskondensieren des Dampfes, konnte man auch in diesen frühen Zeiten grössere Maschinenleistungen erwarten.

Durch die Saugwirkung des auskondensierten Dampfes sollte, der uns umgebende atmosphärische LUFTDRUCK, die Maschinen für den Menschen antreiben. ( Der uns umgebende Luftdruck trägt ja auch Vögel und Flugzeuge.)

Man konnte mit dem Dampfkondensieren auf eine sichere Art gut umgehen, ohne mit den in Behältnissen, wie Kessel oder Zylinder, eingesperrten hohen Dampf- oder Pulverdrücken, arbeiten zu müssen.

Das Entstehen der „ ATMOSPHAERISCHEN DAMPFMASCHINE “.

Der erste Wissenschafter welchem grosse Verdienste zur atmosphärischen Dampfmaschine zugeschrieben werden, ist der Bürgermeister von Magdeburg. Obwohl er in seiner Zeit noch nichts davon wusste, konnte er doch mit dem Vakuum als erster Mensch beweisen, dass der atmosphärische Luftdruck schon sehr gross und stark sein kann. Otto von Guericke, Bürgermeister von Magdeburg 1602 bis 1686. Diese Persönlichkeit war sogar beim Volk als Zaubermann und bei den Wissenschaftern bewundernswert aufgefallen, mit aussergewöhnlich durchdachten und sehr gut vorbereiteten Experimentalversuchen.

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Er sorgte durchwegs auch mit Diskussionen für eine grosse Verbreitung seiner Ideen, vor allem unter den massgebenden Gelehrten in Wissenschaftskreisen.

Gegen 1650 wollte Guericke versuchsweise mit einer Feuerspritze, einem mit Wasser gefüllten Weinfass durch den Ablasshahn das Wasser auspumpen. Nach seiner Vermutung sollte das entleerte Fass mit dem Wasserauspumpen luftleer werden.

Das Entfernen des Wassers aus dem Weinfass konnte jedoch nicht gelingen. Guericke glaubte, dass der Fehler an der unhandlichen Feuerspritze liege.

Sein Freund der Physiker und Mathematiker Kaspar Schott, welcher sich mit Tauchgeräten befasste, besorgte Guericke eine erstklassige auf drei Beinen stehende Saugpumpe. Die erst vor kurzem von Schott patentierte Pumpe hatte eine ausserordentliche Saugleistung.

Auch mit dieser erstklassigen Vakuumpumpe konnte Guericke nicht wesentlich mehr Wasser aus dem Weinfass aussaugen.

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Doch ein sirrendes Geräusch bei den Fassritzen bestätigte mit dem Eindringen von Luft in das Weinfass, ein Austreten von nur wenig Pumpwasser.

Guericke wollte mit noch mehreren Pumpexperimenten intensiver mit dieser Pumpe Erfahrungen sammeln. Viel Probieren mit dem Evakuieren von Gläsern deutete ihm, dass eine grosse Luftkraft auf den jeweiligen evakuierten Hohlraum presste. Es war natürlich auch vorgekommen, dass beim unvorsichtigen Hantieren Gläser knallartig explodierten. ( Implosion)

Otto von Guericke stellte fest, dass eine brennende Kerze im evakuierten Gefäss auslöscht, das Ticken einer eingeschlossenen Reiseuhr nicht mehr zu hören ist und ein Federflaum fällt wie ein fester Körper, ohne zu gleiten.

Um die Stärke eines Vakuums zu beweisen, konstruierte sich Guericke einen Versuchstopf.

Ein überliefertes Bild zeigt diesen Versuchstopf wie er mit einer Evakuierblase, so wurde die von der Pumpe leer gesogene Vakuumkugel genannt, evakuiert wird. Ein Kolbendeckel mit Dichtnute, welcher gut abgedichtet in den Topf hineingleiten kann, ist oben, neben dem leeren Topf abgebildet.

Aber auch die an Stricken ziehenden 40 Männer, zeigte Guericke in einer überlieferten eindrücklichen Bilddarstellung aus der damaligen Zeit.

Gedruckt wurde das Bild jedoch erst 1672 in Amsterdam für ein Lehrbuch.

 
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Otto von Guericke wusste, dass seine grösste und aufwändigste Vorführungsdemonstration am Reichstage zu Regensburg am 8. Mai 1654 vor versammelten Fürsten und Bischöfen keinesfalls misslingen durfte.

Doch um festzustellen, welche Grösse die schwere Kupferkugel für die Zugkraft von 16 starken Zugpferden haben müsste, kann man im nächsten Bild, welches Belastungsversuche zeigt, erkennen mit der Überschrift: Belastung hängender Magdeburger Halbkugeln.

Für dieses äusserst wichtige Ereignis verbesserte sein Freund Kaspar Schott seine Evakuierpumpe noch zusätzlich, indem er eine Pumpenbedienung für drei starke Männer einrichtete.

Auf den Abdichthahn brachte Schott noch einen Trichter an, so hatte man die Möglichkeit mit Wasser oder noch besser mit etwas Lampenöl eine perfekte Abdichtung zu erreichen ( Siehe Pumpenbild).

Aber auch bei den Arbeiten für den Kupferschmied wurde nichts dem Zufall überlassen.

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Guericke besorgte seinem erstklassigen Berufsmann saubere Arbeitsunterlagen.

Die sehr schönen kupfernen, durch Hämmern getriebenen schweren Halbkugelteile, gelten heute noch als Meisterleistung eines Kupferschmiedes. Mit dem auf einer flachen Steinplatte aufgelegten, von Hand durch ein Hin und Herschieben und mit etwas Schleifschwemme dazwischen, plangeschliffenem Kupferdichtring jeder Kugelhälfte, erreichte dieser Fachmann bereits schon, mit Guerickes Hilfe, höchste Präzisionsarbeitsgüte in der Zeit um 1650.

Jedem Halbkugelteil wurde eine starke Ziehöse angeschmiedet für das Anspannen der Zugpferde. Nur bei einer Halbkugel musste noch an handlicher Stelle der Abdichthahn mit Ansetzkonus zur Evakuierblase, für das Evakuieren der schweren  Magdeburgerkugel, angebracht werden.

Um das Dichthalten der Halbkugelteile zu gewährleisten, wurde eine geölte feine Lederdichtung  eingelegt.

Damit ein zuverlässiger Demonstrationsablauf gesichert war, besorgte sich Guericke noch eine zweite Evakuierblase, so dass die Evakuierenden Männer fast pausenlos mit einer frischen Blase, die schwere Magdeburgerkugel leer saugen konnten.

Der 8. Mai 1654 war für eine grosse Zuschauermenge ein sehr aufregender und bewegender Tag.

Alle Zuschauer welche Rang und Namen hatten, schauten in vorderster Betrachterreihe dem emsigen Vorbereitungstreiben des Evakuierens zu. Die temperamentvollen Zugpferde konnten von ihren Betreuern fast nicht ruhig gehalten werden.

Auch die Fürsten und Bischöfe schlossen untereinander die letzten Wetten ab.

Nachdem die Pferdetreiber mit einem Pistolenschuss das Signal zum Ziehen bekommen haben, waren sie in ihrem Element.

Alle Zugpferde wurden gleichzeitig mit heftigem Peitschenknallen, rücksichtslos zum Ziehen angetrieben.

Durch die sofort gestrafften Zuggeschirre, wurde die Kugel plötzlich vom Boden hochgehoben und hin und her gerissen. Doch langsam ermatteten die Pferde.

Nach mehreren Ziehversuchen mussten alle einsehen, dass die Kugel mit diesen Zugpferden nicht zu trennen war.

 

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Der Kurfürst von Mainz hatte die Ehre, den Vakuumhahn dieser grossen Kugel zu öffnen. Nach einem längeren Zischgeräusch, welches vom Eindringen der Luft in die Kugel zu hören war und einem leiser werden dieses Geräusches, klaffte die Kugel plötzlich in ihre zwei Hälften.

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Aus der angespannt wartenden, plötzlich verblüfften Zuschauermenge hörte man nach dem Ah und Oh die Worte Hexerei, Zauberei.

Unfassbar, die Kugel wurde geteilt, ohne die reissenden Pferdegespanne, nur mit dem Betätigen eines Hähnchens.

  

Der Bischof von Würzburg war sehr motiviert. Er kaufte sofort entschlossen mit viel Geld die komplette Demonstrationseinrichtung für die Universität Würzburg.

Otto von Guericke dürfte auf Grund dieser Erfolgsdarbietung auch zu seinem Adelstitel, dem „von Guericke“ gekommen sein. Nach später mehreren atmosphärischen Versuchen und einer eigenen Barometerkonstruktion befasste auch er sich mit Pulvermaschinenideen.

Der eigentliche Erfinder der atmosphärischen Dampfkraft ist jedoch Dionisius Denis Papin. Er war ein französischer Physiker, 1647 bis 1714, gestorben in England.

Denis Papin war anfänglich der Assistent seines Lehrmeisters Christian Huygens 1629 bis 1695 und später befreundet.

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Der inzwischen mit seinen Entwürfen von Dampfspringbrunnen für Luxusparkanlagen und dem noch in heutigen Haushalten beliebten Dampfkochtopf mit Sicherheitsventil bekannt gewordene Wissenschafter Denis Papin, wurde von dem Hessischen Landgrafen als Professor nach Hessen berufen.

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Wenn es seine Freizeit erlaubte, versuchte er eine von seinem Freund Huygens entworfene Pulvermaschinenidee zu vervollkommnen. Nach ersten positiven Testergebnissen schrieb er Huygens und auch Gottfried Wilhelm Leibnitz 1646 bis1716 um 1685, dass er beabsichtige eine grössere Versuchsmaschine zu bauen.

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Der interessierte Landgraf wollte immer dabei sein, wenn Papin Versuche mit seiner Pulvermaschine unternommen hatte. Dabei zu sein wenn sein Professor Geschichte schreiben könnte, bedeutete dem Landgrafen sehr viel.

Neben dem Landgrafen stehend, musste er diesem jeweils seine nächsten Arbeitsschritte erklären, welche er unternehmen wollte.

Vermutlich hatte das Danebenstehen, neben dem Landgrafen, in sicherer Distanz, Papin das Leben gerettet.

Ende 1687 kann sich nach meiner Meinung nur ein grösseres Unglück ereignet haben, wahrscheinlich eine Explosion mit Folgen.

Nur so kann ich Papins grosse Veränderungen erklären.

Vor allem den schnellen Wechsel des Wohnsitzes nach England.

In den Überlieferungen, welche mir zur Verfügung stehen kann man nachlesen, der Landgraf habe das Interesse an Papin 1687 verloren.

Schon 1690 veröffentlichte Papin eine Schrift über eine neue atmosphärische Dampfmaschine. Diese Veröffentlichung wurde in mehreren Sprachen, sogar in Latein gedruckt herausgegeben.

Nach meiner Überlegung kann Papin nur durch erlebten Schaden zu dieser einzig sicheren

Erkenntnis für seine zukünftige Arbeitsweise gekommen sein.

Doch auch die Fachwelt verkannte die Bedeutung dieser atmosphärischen Dampf-Schrift, selbstverständlich von den damaligen PULVERMASCHINEN verblendet.

Auch waren deutsche Landgrafen in englischen Adelskreisen sehr gut angesehen und hatten ebenfalls gute Verbindungen, mit starkem Einfluss in Wissenschaftskreisen.

Denis Papin konnte sich in England nicht mehr so recht einleben.

Für seine Wasserhaltungsmaschine in England berechnete er den Arbeitszylinder mit 610mm Zylinderdurchmesser der Arbeitshub war mit 1200 mm geplant.

Mit einer Zahnstange wollte er den Kolbenweg in eine Drehbewegung umsetzen

Seine grösste Konstruktionsschwierigkeit war, dass er den Dampfzylinder direkt befeuern wollte. Er wusste noch nicht, wie die Feuerstelle im rechten Moment weg gebracht werden könnte.

In einem Brief an den Wissenschafter G.W. Leibnitz  1646 bis 1716, Huygens war schon 1695 gestorben, etwa um1704 schrieb Papin:

„Was aber die praktische Seite anbelangt, so glaube ich ohne Übertreibung behaupten zu dürfen, dass mit Hilfe dieses Mittels ein einziger Mensch die Arbeit von sonst hundert verrichten wird. Allerdings gebe ich zu, dass Zeit dazu erforderlich sein wird, um es bis zu dieser Vollkommenheit zu bringen. Sie können überzeugt sein, dass ich alles tun werde, was in meinen Kräften steht, damit die Sache gut zur Zufriedenheit von statten geht, obwohl man hier nur schwer einigermassen brauchbare Arbeiter erhalten kann. Indessen hoffe ich, dass mit Gottes Hilfe, die Geduld über alle Schwierigkeiten triumphieren wird “.

Denis Papin ist 1714 sehr arm verstorben, der Tod hatte triumphiert, bevor er seine   „ Atmosphärische Dampfmaschine “ beim Arbeiten sehen konnte.

Im Jahre 1698 hatte Thomas Savery ein Patent Nr. 365 für eine kolbenlose Dampfmaschine erhalten. Durch gute Beziehungen zum Königshaus wurde schon ein Jahr später eine Patentverlängerung bis 1739 bewilligt.

Thomas Savery 1650 bis 1715 war von Beruf Ingenieur für Kriegswesen und verkehrte oft in königlichen Kreisen.

Nach einer Studienreise durch Frankreich und Deutschland zurück in England, hörte Savery von den Wasserproblemen der Kohlenbergwerke.

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Savery kopierte die Konstruktion der Wasserhaltungspumpe für gräfliche Lustgärten von Denis Papin, welche aus Verbindungsrohren, beheizten und abgekühlten Gefässen bestand und mit Hahnen bedient werden musste. Er ergänzte daran noch weniges, nach seinen Ideen.

Ein kleines Vorführmodell wurde schnell gebaut, welches in königlichen Kreisen gut und einleuchtend demonstriert werden konnte, um ein Patent erwirken zu können.

Um die Kohlengrubenbesitzer zu interessieren, verfasste Savery eine Reklameschrift mit dem Titel:

  „ Der Freund des Bergmannes “

In dieser Reklameschrift wollte er die Bergwerksbesitzer anregen, mit Vergleichen zu seiner neuen Dampfpumpe, grosse Einsparungen bewältigen zu können.

Mit dem Wasserheben von einem der besten Grubenpferde, dem 75 kg pro Sek.1 Meter hoch heben, rechnete Savery, dass je nach Grösse seiner Maschine, einige der teuren Grubengöpelpferde ersetzt werden könnten.

Die neue Einheit das Pferd, PS = 75mkg Sek., wurde demnach um 1702 aus der Taufe gehoben. Die Pferdestärke, wird heute noch für die Stärke von Automotoren angewendet, dürfte jedoch bald von der Elektrizitätskraft mit 1000 Watt ersetzt werden. ( 1 PS = 736 Watt).

Der Grobschmied Thomas Newcomen, 1663 bis 1729, konnte mit einem Glaser namens Cawley zusammen die Steuerungs- und Überwachungsarbeiten der ersten grösseren Savery – Pumpe übernehmen.

Trotz konzentrierter eifriger Bedienung der Saveryanlage merkten und erkannten die beiden recht bald, dass eine solche Einrichtung für das Kohlebergwerk noch bei weitem nicht genügen konnte.

Selbst wenn man die Pumpe noch etwas verbessern könnte, würde die Pferdehaltung immer noch kostengünstiger sein im Unterhalt.

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Der Maschinenwärterkollege von Newcomen, der Glaser Cawley wusste, dass eine starke Luftdruckkraft auf die verschlossenen Glasdeckel von Einmachgläsern presst, wenn sie gut abdichten. Er glaubte,  wenn der Luftdruck auf einen Dampfkolbendeckel einer Pumpenmaschine pressen würde, müsste ein wesentlich besserer Kraftnutzen zu gewinnen sein.

Heute noch begegnen wir dieser starken Luftkraft, welche auf den Deckel presst, wenn wir ein frisches Gurkenglas öffnen möchten. Der Aussendruckunterschied zum evakuierten Gurkenglas drückt auf den Deckel so intensiv, dass das Öffnen stark erschwert wird.

 

Von dieser Gedankenbetrachtung fasziniert, hatte Newcomen sofort den bekannten, englischen Physiker Robert Hooke 1635 bis1703 angeschrieben und um baldige Rückantwort gebeten.

In einer vernichtend negativen brieflichen Antwort von Hooke, war aber noch ein Hinweis enthalten, dass ein französischer. Physiker Denis Papin die gleichen Gedanken schon um 1690 veröffentlicht habe. Trotz der unerbaulichen Ablehnung des Physikers Hooke, fühlte sich Thomas Newcomen doch sehr geehrt, dass sogar ein französischer. Physiker mit dem gleichen Gedankengut dasselbe Ziel anregte, wie er und Cawley.

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Thomas Newcomen hatte sich entschlossen, eine erste funktionierende „ Atmosphärische Dampfmaschine “ zu bauen.

Das Funktionieren dieser Wasserhebemaschine glaubte Newcomen, müsste sich nach seinem Dafürhalten genau so wie er es sich vorstellte, ablaufen.

  1. In der Ausgangslage wird der Dampfkolben in der tiefsten Hublage im Dampfzylinder festgehalten, damit das leichte Übergewicht des Lenzpumpengestänges den Dampf-Kolben noch nicht wieder hochziehen kann.
  2. Die Dampfschliessklappe wird geöffnet. Die Blockierung des Dampfkolbens wird losgelassen. Jetzt kann der in den Dampfzylinder einströmende Dampf, vom Kochtopf  kommend, in den Dampfzylinder einströmen und dem hochgehenden Dampfkolben nacheilen.
  3. Die Dampfklappe wird geschlossen. Es kann sich neuer Dampf im kochenden Wasserkessel sammeln.
  4. Im Dampfzylinder fängt es an zu arbeiten. Durch das Erkalten des Dampfes, im Zylinderinnern entsteht ein grosses Vakuum. Der den Zylinder umgebende äussere atmosphärische Luftdruck presst jetzt den gut abgedichteten Kolbendeckel in das Zylinderinnere, so lange bis die Druckunterschiede ausgeglichen sind. Die Wasserhaltungsmaschine arbeitet indem sie etwa 30Lt Pumpenwasser hochzieht.
  5. Jetzt kann wieder bei Pos. 1 angefangen werden.
    Natürlich sollte auch das Dampfkondensat im Dampfzylinder von Zeit zu Zeit abgelassen werden müssen.
    Thomas Newcomen hoffte anfänglich mit gegen 10 Arbeitshüben pro Minute.

Als Grobschmied im Eisenhandel hatte Newcomen geschäftliche Verbindungen zu einem  Grubenbesitzer namens Back in Wolverhampton bei Dudley Castle.

Obwohl Back nicht an eine Wasserhaltungsmaschine glaubte, hatte er wegen der prekären Wassersituation in seiner Kohlengrube doch noch eingewilligt, Newcomen an einer von ihm bezeichneten Stelle die Fundamente für eine neue Maschinenkonstruktion zu errichten.

Im Eisenhandelsgeschäft musste Newcomen oft mit einer Balkenwaage Eisenstücke abwägen.

Es war darum sehr naheliegend, dass sich Newcomen auch die Pumpenbedienung für seine neue Wasserhaltungmsaschine, über einen Waagebalken am einfachsten vorstellen konnte.

Es ist auch tatsächlich Newcomens Verdienst, mit seiner Balanciermaschine einen Maschinentyp gebaut zu haben, welcher vor allem als Wasserhaltungsmaschine 100 Jahre lang markt führend gewesen ist.

Newcomen und Cawley, mauerten gemeinsam das Fundament für die Maschine. Auf diese Fundamentfläche wurde geplant, den Kochkessel, den Dampfzylinder und den Pyramidenbock für den Balancierbalken ( den Waagebalken) zu platzieren.

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Die Lagerung des riesigen Balanciers auf dem Pyramidenbock und das Anbringen der beidseitigen Bogenendstücken aus Holz, welche an dem Balancierbalken mit Eisenstangen und selbst geschmiedeten Nägeln fest verbunden werden mussten, wurden von Newcomen ohne grössere Probleme sauber verarbeitet und war eine sehr gute Problemlösung.

Die abgerundeten beidseitigen Holzbogenteile am Balancier Ende gewährten eine relativ genaue Punktführung zum Dampfzylinder- Zentrum, für die an einer Kette hängende Pumpenstange, welche mit dem Kolbendeckel fest verbunden war. Auf der gegenüberliegenden Balancierseite ebenfalls, zum Zentrum der Lenzpumpe ( Wasserpumpe).

Damit wir uns eine gute Vorstellung von dieser ersten atmosphärischen Kolbendampfmaschine um 1705 machen können, deren Daten leider nicht mehr existieren, zeige ich eine Photographie ( heute Fotografie) auf Seite 9, einer nur wenig späteren Maschine vom Jahre 1722. Diese frühe Dampfmaschine hat es immerhin geschafft über hundert Jahre, bis in die Zeit der Fotografie zu bestehen.

Als eine der nächsten, nach wenig Erfahrungsjahren späteren schon verbesserten Dampfmaschine, hatte sie einen Dampfzylinder von 695mm im Durchmesser, die Zylinderlänge war 2,66m. Der Kolbenhub soll etwa 1,8m gewesen sein.

Der etwa 6m lange Balancier aus Eichenholz arbeitete auf einem mächtigen Pyramidenbock von 4,4m mal 2,9m Grundfläche.

Das Bergwerk, welchem diese Maschine über 100 Jahre gedient hatte, wurde 1830 verlassen.

Bei Newcomens erster Maschine wurde wegen den zur Verfügung stehenden Geldmitteln wahrscheinlich der Dampfkessel noch etwas zu klein gewählt.

Für Bierbrauereien hatte man in diesen Zeiten schon recht grosse Kochgefässe mit Sicherheitsdeckel oder auf Wunsch mit Sicherheitsventil hergestellt.

Lediglich das stark bleihaltige Dampfzuleitungsrohr, mit der Dampfabschliessklappe vom Dampfdom ( Dampfsammlerkuppel) abwärts nach dem Zylinderunterteil, war eine spezielle schwierige Sonderfertigung. Die Dampfzuleitungsklappe sollte möglichst dicht schliessen und musste auch leicht und schnell bedient werden können.

Eine solche Dampfzuleitungsklappe könnte ich mir am besten mit einer Rauchschieberklappe von einem normalen Ofenrohr aus der heutigen Zeit vorstellen.

Stark bleihaltige Rohre wurden damals wegen der leichteren Formgebung verwendet für die Bearbeitung der Dampfzuleitung. Solche Rohrstücke konnte man auch gut weichlöten.

Erst jetzt beschreiben wir den schwierigsten Teil, den Dampfzylinder.

Nach den Angaben von Konrad Matschoss war der Dampfzylinder in seiner ganzen Länge mit 32mm Wandstärke aus einem Guss, von einem Glockengiesser gegossen.

Als Verfasser dieser Dampfgeschichte und guter Berufsmann, welcher schon einige alte Teile zeitentsprechend hergestellt hat, könnte auch ich diesen grossen Dampfzylinder nur herstellen, wenn der Glockengiesser mir diesen Zylinder, in sehr weichem Material, in drei Teilen giessen würde.

Wir können nämlich das überlieferte Foto in Matschos Buch genau betrachten und erkennen darauf zwei Überlappungsringe, welche mir die Teilung des Dampfzylinders beweisen müssten.

Ich glaube, dass dieser Zylinder aus drei Gussringen zusammengesetzt war.

Mit damaligem Werkzeug, Dreikanntschaber auch mit alten gehämmerten Feilen, Zirkel und selbst hergestellten Kartonschablonen, könnte ich diesen Zylinder gut vorpräparieren, so dass nach dem Zusammenbringen der drei Zylinderringe, nicht mehr viel Abschlussbearbeitung nötig sein würde.

Nachdem auch die wasserfördernde Seite am riesigen Balancier angebracht wurde, konnte die Wasserhaltungsmaschine ausbalanciert werden.

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Newcomen war sicher sehr froh, dass er mit seiner Wasserhaltungsmaschine so zu sagen  seine Balkenwaage, welche er im Handel zum Wiegen brauchte, nachgebaut hatte.

Einige Eisengewichte auf den Kolbendeckel als Gegengewichte gelegt bewirkten, dass das schwere Pumpengestänge den Dampfkolbendeckel nicht zu schnell hochzog.

Die Maschine war erst richtig ausbalanciert, wenn das Pumpengestänge leer, ohne Pumpwasser, den Dampfkolben mit wenig Übergewicht, leicht hochziehen konnte.

Mit einem Strick am riesigen Waagebalken befestigt, konnte der Maschinist den Dampfkolben in die Anfangsposition ziehen.

Um etwa 1705, wurde die Wasserhaltungsmaschine das erste Mal angeheizt, um mit Testversuchen zu beginnen. Die ersten Testergebnisse waren sehr befriedigend.

Mit ungefähr 7 bis 8 Arbeitshüben in der Minute wurden die Erbauer immerhin motiviert zum Weitermachen.

Nach einigen Arbeitsminuten wurde jedoch die Maschine immer etwas langsamer.

Das langsamere Arbeiten war bedingt durch die Erwärmung des Dampfzylinders, welche natürlich die Dampfkondensation im Zylinder schlecht beeinflusste.

Newcomen glaubte, dass irgendeine Leckstelle am Kolben der Grund für eine solche Müdigkeitserscheinung dieser Maschine sein könnte.

Um diese Leckstelle zu finden, goss Newcomen etwas Wasser auf den Kolbendeckel, was aber sofort bewirkte, dass die Maschine einige schnellere Arbeitshübe tätigte, um dann wieder langsamer zu werden.

Newcomen und sein Partner, der Glaser Cawley einigten sich nach gegenseitigem längerem Gedankenaustausch, ein durch die Zylindererwärmung entstehendes Kondensationsproblem

bewältigen zu müssen.

Sie konnten sich schnell entschliessen, dass sie im Zylinderinnern am besten eine Kaltwasserbrause anbringen müssten, um ein schnelleres Auskondensieren des Dampfes zu bewirken.

In den Dampfzylinder hinein wurde eine Kaltwasserbrause eingebaut, denn feine Brausetröpfchen bewirkten eine sehr gute Abkühlung des Dampfes, mit welcher ein wesentlich schnelleres Auskondensieren ( Vakuum) erreicht werden sollte.

Die Wasserhaltungsmaschine bedankte sich sofort, indem sie ihre Hubleistung gegen 18 Arbeitshübe pro Minute erhöhen konnte.

Thomas Newcomen und der Glaser Cawley glaubten jetzt an ihrem Ziel angekommen zu sein und überlegten sich eine Patentierung ihrer Wundermaschine zu beantragen.

Doch die beiden Konstrukteure hatten nicht mit dem überheblichen und wortgewandten

Thomas Savery gerechnet.

Obwohl Savery mit seinem Wasserpumpenpatent die Patentrechte von Denis Papin, welcher sich leider nicht wehren konnte, verletzt hatte, verlangte Savery die sofortige Einstellung dieses jetzt erstmals erfolgreichen Wasserhaltungsbetriebes, oder eine halbe Beteiligung.

In Konrad Matschos Dampfgeschichte von 1908 kann man nachlesen, dass Thomas Newcomen als religiöser Quäker sich nicht erlauben konnte mit zutreffenden Argumenten gegen Savery anzukämpfen.

Bis 1720 wurden zirka 10 solche atmosphärischen Wasserhaltungsmaschinen gebaut.

Man musste sich den Bewegungsablauf der Maschinensteuerung ganz genau einprägen, denn nur eine kleine Verwechslung des Bedienungsablaufes führte oft zum Stillstand der Maschine mit längeren Startunterbrüchen.

Trotzdem, um die Betriebskosten tief zu halten, wurden selbstverständlich auch Kinder als Maschinisten und Heizer eingestellt.

Es wird beschrieben, dass ein Knabe namens Humperey Potter, um sich wenigstens teilweise zu entlasten, einige Bedienungselemente mit Schnüren steuerte.

Erst 1718 ist es einem Henry Beighton gelungen, eine selbsttätige Steuerung für eine atmosphärische Wasserhaltungsmaschine einzuführen.

1778 wurde in einer zusammenfassenden Betrachtung festgehalten, dass durch Thomas Newcomens atmosphärische Wasserhaltungsdampfmaschine es erst möglich wurde, die Kohlenbergwerksschächte doppelt so tief als es früher möglich war, abzuteufen.

Der Ingenieur John Smeaton, 1724 bis 1792, war der Erste, welcher die Newcomenmaschine ohne wesentlich zu verändern verbessern konnte und in der Lage war, deren Leistung im Voraus zu planen und zu bestimmen.

Bei richtiger Dimensionierung des Dampfkessels und zusätzlichen Isolierungen der wärmebelasteten Teile, konnten nochmals bis zu zwei Drittel Brennstoffeinsparungen erreicht werden.

Heute noch kann man in englischen Dampfmaschinenmuseen die schönsten und grössten,

nach dem modernisierten Wattsystem umgebauten atmosphärischen „ Wasserhaltungsdampfmaschinen,“  besichtigen.

( Der kalte Luftdruck, wurde mit etwas stärkerem heissem Dampfdruck ersetzt.)